Individuelle Behandlung beim Physiotherapeuten

Die Nervenerkrankung Multiple Sklerose (MS) ist eine besondere Krankheit, die bei Betroffenen so unterschiedlich verläuft, dass Prognosen kaum möglich sind. Die 51-jährige Harriet R. aus der Südeifel zählt seit 25 Jahren zu den rund 122.000  MS-Patienten in Deutschland. Bei ihr begann die chronisch-entzündliche Erkrankung des Nervensystems mit Sehstörungen. Nach wenigen Monaten kamen Muskellähmungen in den Beinen hinzu. Vier Jahre später saß die zweifache Mutter dann im Rollstuhl – bis heute. Sie kann zwar stehen, aber nicht laufen, ihr Oberkörper ist stark gebeugt. Zudem treten Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen auf, die viele Alltags¬bewegungen erschweren. „Bei der Multiplen Sklerose treten Entzündungsherde in Gehirn und Rückenmark auf, was zu unterschiedlichsten motorischen Ausfällen und Sensibilitätsstörungen führen kann“, erklärt Ute Repschläger, Vorsitzende des Bundesverbands selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V. Neben Medikamenten ist die Physiotherapie wichtigster Bestandteil der MS-Behandlung, um fortschreitenden Störungen oder sogar Behinderungen entgegenzuwirken. Die Therapie wird individuell auf den Patienten ausgerichtet, entsprechend dem jeweiligen Krankheitsbild

Bei Multipler Sklerose kommt es im zentralen Nervensystem – also in Gehirn, und Rückenmark – zu Entzündungen, die als Narben abheilen und Nervenfasern zerstören. Die Ursachen sind noch ungeklärt. Als Folge werden aber Nervensignale nicht mehr ausreichend weitergeleitet. Es entstehen Gefühlsstörungen, Lähmungen, Seh- und Sprechstörungen. Je nach Größe der Entzündungsherde und der betroffenen Bereiche im Nervensystem kann es zu ganz unterschiedlichen MS-Beschwerden kommen. Daher verläuft die Krankheit bei jedem Patienten so unterschiedlich. Meist tritt die Erkrankung in Schüben auf und führt erst nach längerer Zeit zu einer zunehmenden Behinderung.

Für die Behandlung neurologischer Erkrankungen wie der Multiplen Sklerose, gibt es spezielle Behandlungskonzepte. Beispiele dafür sind die Bobath-Therapie, das PNF-Konzept, Manuelle Therapie, Nervenmobilisations-Techniken oder Bewegungstherapien im Wasser. Die Palette der wichtigsten Maßnahmen bei Multipler Sklerose ist groß: Körperwahrnehmungs- und Entspannungsübungen, Schulungen der Oberflächen- und Tiefensensibilität, Gleichgewichtstraining, Anbahnung und Koordination neuer Haltungs- und Bewegungsmuster, Erhaltung der Muskelkraft, Regulation der Muskelspannung, Atemtherapie sowie die Behandlungen von Sprech- und Schluckstörungen. „Die verschiedenen Anwendungen setzen immer auch die aktive Mitwirkung des betroffenen Patienten voraus“, so Ute Repschläger. Aktivität ist notwendig, um die Bewegungsabläufe zu stabilisieren und wiederzuerlernen, die den Alltag ausmachen. Harriet R. erhält bereits seit Jahren wöchentlich ein- bis zweimal Physiotherapie. Hier werden beispielsweise Muskeldehnungen durchgeführt, um Kontrakturen entgegenzuwirken und ihre Beweglichkeit zu erhalten. Hinzu kommt ein spezielles Beckenbodentraining, um eine Blasenentleerungs¬störung zu behandeln. Zudem werden ihre Rumpfstabilität trainiert und Gleichgewichtsübungen durchgeführt. „Physiotherapie kann Fehlbelastungen reduzieren, Schmerzen lindern, Muskelspannung regulieren und Bewegung anbahnen, so dass Betroffene wieder ein Gefühl für den eigenen Körper bekommen und Bewegungen besser koordinieren können“, erklärt Ute Repschläger. Neben Übungsanleitungen gibt der Physiotherapeut MS-Patienten aber oft auch Tipps, wie sie ihren Alltag besser bewältigen können.


Quelle: IFK e.V.